Friederike Altmann




Wasserhähne und Abfluss (aus: Wasseradern, 2024)
Über Wochen hinweg habe man sich kaum waschen können, die Notdurft war auf einen Metalleimer zu verrichten, so erzählt einer der Zeitzeugen, der in diesem Kellertrakt festgehalten wurde. Wasser als Grundrecht der Körperhygiene wurde in seiner Verfügbarkeit so beschränkt, dass Gesundheitsgefahr drohte. Es wurde zum Instrument andauernder Erniedrigung. Den Zelleninsassen, denen auch das Wechseln der Kleidung untersagt war, musste ein funktionierender Wasserhahn fast wie eine Fata Morgana, ein simples Taschentuch wie ein Luxusgegenstand vorgekommen sein.
Insofern „fließen“ in eher grob gemalten, doch fein bestickten Herrentaschentüchern diese beiden – wenn verfügbar, unspektakulären – Errungenschaften der Zivilisation zusammen. So wie der Bodenauslauf der Dusche zum nichtssagenden Ornament wird, verselbständigen sich auch die Armaturen zu funktionslosen Requisiten.